Über Raimund Bernhardt-Meisl

Als Leiter des Competence Centers Employee Experience bei Bechtle unterstützt Raimund Bernhardt-Meisl Unternehmen dabei, mit KI-Assistenten und digitalen Workplace-Lösungen die Zukunft der Arbeit zu gestalten. Mit über zehn Jahren Erfahrung in Change-Prozessen und der Einführung moderner Kommunikationslösungen schafft er nachhaltige Transformation und Mehrwert.

Über die Episode

Georg Wolfgang begrüßt Raimund Bernhardt-Meisl, den Leiter des Competence Centers Digital Employee Experience bei der Bechtle GmbH. Bereits im Vorgespräch sind die beiden in zahlreiche Themen eingetaucht, von Digitalisierung über Unternehmenskultur bis hin zu KI. Georg betont zu Beginn seine Vorfreude auf das „Deep Dive“-Gespräch rund um Digitalisierung, Change-Management und insbesondere den Zusammenhang zwischen Künstlicher Intelligenz (KI) und Unternehmenskultur.

Raimund stellt sich detailliert vor. Neben seiner Rolle als Leiter des Competence Centers ist er Berater mit Schwerpunkt auf User Adoption und Change Management – besonders dann, wenn Bechtle als IT-Unternehmen neue Technologien, Hardware oder Software bei Kunden einführt. Im Zentrum seiner Arbeit stehen stets die Mitarbeitenden und die Begleitung dieser durch den kompletten Digitalisierungsprozess. Er macht deutlich, dass es bei seinem Kompetenzzentrum vor allem darum geht, Mitarbeitende während der gesamten „Digitalisierungsreise“ zu begleiten und nicht nur auf die Technik zu schauen.

Bechtle

Bechtle ist einer der größten IT-Dienstleister Europas mit ca. 15.000 Mitarbeitenden. Das Unternehmen startete vor über 40 Jahren als Systemintegrator und bietet heute neben dem klassischen Geschäft mit Hardware und Software auch umfangreiche Services zu Digitalisierung, Professional & Managed Services und Prozessberatung an.

Einstieg: Die eigene „Employee Experience“-Reise

Raimund schildert seinen persönlichen Werdegang und seine Motivation. Seit jeher standen für ihn Mitarbeitende und deren Arbeitsplatz im Fokus. Die klassischen Ansätze, wie der Digital Workplace, Modern Workplace oder Social Intranet, betrachtet er als Aspekte, die Unterstützung, Begleitung und Förderung der Mitarbeitenden verlangen. Für ihn reicht es nicht aus, lediglich neue Tools oder Technologien einzuführen, sondern es geht um die Begleitung des kulturellen Wandels im Unternehmen, der aus der Nutzung der Technologie resultiert. Er plädiert für einen ganzheitlichen Blick auf die Employee Experience, bei der Unternehmenskultur, Zusammenarbeit und Technologie gleichermaßen miteinander verwoben sind.

Problematische Ansätze vieler Digitalisierungsprojekte

Georg bringt die aus seiner Erfahrung häufige Haltung vieler Unternehmen ein: Digitalisierungsprojekte werden oft rein technokratisch gedacht („Live-Gang, Schulung, fertig“). Kulturelle Veränderungen, beispielsweise durch neue Tools, werden ignoriert oder nur minimal angegangen. Die Folge: Die Chancen und Potenziale neuer Technologien bleiben ungenutzt, Widerstände und Unsicherheiten nehmen zu und das gewünschte Ergebnis bleibt aus. Auch Themen wie Machtverschiebung im Unternehmen, Statusverlust von Mitarbeitenden oder ein mangelndes Gefühl von Wertschätzung werden im Transformationsprozess häufig übersehen.

Raimund bestätigt diese Beobachtung und ergänzt, dass häufig der Fehler gemacht wird, Veränderungen nach Projektabschluss als erledigt zu betrachten. Die eigentliche Veränderung, die Verinnerlichung und nachhaltige Adoption neuer Arbeitsweisen, beginnt aber erst nach Abschluss des Rollouts.

Fehlende Verzahnung zwischen IT und HR

Ein zentrales Dilemma, das beide Diskussionsteilnehmer benennen: Digitalisierungsprojekte, insbesondere Technologieeinführungen, liegen meist in der Verantwortung der IT, während HR oder Personalentwicklung nur selten mit eingebunden wird – und wenn, dann oft zu spät oder nur punktuell. Dabei müsste gerade die nachhaltige Begleitung der Mitarbeitenden über die Projekte hinaus in einer gemeinsamen Verantwortung von IT und HR liegen. Bechtle versucht, standardmäßig alle relevanten Stakeholder in Digitalisierungsprojekte einzubinden, um Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der Wandel nach Projektabschluss weitergeht und erst dann zur Erreichung der Unternehmensziele beiträgt.

Kulturelle Herausforderungen bei der Einführung neuer Technologien

Im Mittelpunkt stehen die Auswirkungen neuer Technologien auf die Unternehmenskultur sowie die Zusammenarbeit der Menschen. Raimund und Georg diskutieren, wie viele Tools zunächst im „old school way“ verwendet werden, ohne ihre (kulturelle) Wirkung zu reflektieren. Oft werden Veränderungen nur symptomatisch behandelt („Pflaster drauf“), grundlegende Ursachen aber nicht angegangen. Beide betonen, dass nachhaltiger Wandel u.a. bedeutet, Machtverhältnisse, Entscheidungswege und Zusammenarbeit gezielt zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.

Homeoffice, Hybrid Work und „Begegnungsräume“

Intensiv diskutieren beide das – auch gesellschaftlich kontrovers geführte – Thema Remote Work vs. Präsenzarbeit. Es wird differenziert argumentiert, dass Begegnungsräume entscheidend sind, aber nicht durch pauschale Präsenzpflicht erreicht werden. Vielmehr ginge es um systematische, zielgerichtete Gestaltung von Austauschmöglichkeiten und die Berücksichtigung individueller Lebensrealitäten (z.B. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Fokusarbeit, innere Produktivität). Die alte Haltung „Privates zählt nicht, du bist von 8 bis 5 Uhr bei mir“ sei überholt. Es müsse darum gehen, Mitarbeitende bestmöglich in ihren Rahmenbedingungen zu unterstützen und auf den tatsächlichen Outcome ihrer Arbeit zu schauen – nicht auf abgeleistete Stunden im Büro.

Methoden: Wie „Digital Employee Experience“ bei Bechtle gestaltet wird

Bechtle verfolgt einen systematischen, iterativen Ansatz. Dazu gehört:

  • Analyse des Ist-Zustands: Wo stehen Unternehmen/Mitarbeitende heute (z.B. durch qualitative und quantitative Methoden)?

  • Definition von Zielen und Bedarfen: Welche Ziele verfolgt man, welche Bedarfe gibt es?

  • Strategische Dimensionen: Technologie/Tools; Support/Governance (inkl. Leitlinien und Prozessen); People & Culture (Führung, Haltung, Kultur); Innovation & Analytics (kontinuierliches Lernen, Entwicklung+Analytics)

  • Ableitung & Priorisierung von Maßnahmen: Welche Veränderungen sind kurzfristig, welche langfristig wirksam? Welche Roadmap ergibt Sinn?

  • Iterativer Rollout & kontinuierliches Feedback: Maßnahmen werden nach Bedarf iterativ eingeführt, deren Wirksamkeit evaluiert und nachjustiert.

Raimund betont, dass Employee Experience im Unternehmenskontext oft als „esoterisch“ betrachtet wird, der Wert aber quantifizierbar und damit auch unternehmerisch belegbar ist. Der Wasserfall-Ansatz („wir planen und führen alles in 2 Jahren aus“) funktioniert in der VUKA-Welt nicht mehr. Vielmehr gehe es um eine kontinuierliche Lern- und Feedbackkultur.

Rolle der „Changeability“ und organisationalen Lernfähigkeit

Beide Gesprächspartner unterstreichen die Notwendigkeit, dass Unternehmen und ihre Mitarbeitenden eine „Changeability“ (Veränderungsfähigkeit) entwickeln – also eine Haltung, die kontinuierlichen Wandel akzeptiert und Integration von Erkenntnissen, Innovation und Feedback als Teil des beruflichen Alltags sieht. Früher habe man auf große Einzelprojekte gewartet und versucht, diesen Prozess zu „managen“. Heute ist Wandel ein permanenter Zustand; Mitarbeiter*innen und Führungskräfte müssen ihn als Norm internalisieren. Dies fordert Reflexion, Interesse, Austausch und eine Lernkultur. Führungskräfteentwicklung findet oft isoliert in Trainings statt; wichtig ist aber die tatsächliche Integration neuer Kompetenzen und Haltungen ins Team und in die Arbeitsrealität.

Digitalisierung ganzheitlich denken – Digital Mindset

Viele Unternehmen sind auch heute noch nicht auf einem nachhaltigen „Digital Mindset“-Level. Es wurden viele Tools eingeführt, viele „Pflaster“ geklebt, aber das große Potenzial (z.B. durch bessere, integrierte Prozesse, Self Services, Datenlogik etc.) wird oft nicht gehoben. Auch in Dashboards, HR-Prozessen und in der Verwaltung herrscht noch enormer Aufholbedarf. Entscheidend ist, die digitalen Fähigkeiten und vor allem die Denk- und Arbeitsweisen (Komplexitätsannahme, End-2-End-Denken, Fokus auf Nutzen & Ergebnis) als Haltung breit zu verankern – nicht nur auf Expertenebene.

Übergang zum Thema „Künstliche Intelligenz“

Mit zunehmender Integration von KI in alle Lebens- und Arbeitsbereiche wird deutlich, dass erfolgreiches KI-Empowerment noch eine Stufe darüber steht: Tools sind leicht zugänglich, doch Kompetenzen und Haltungsfragen sind die eigentlichen Knackpunkte. Es mangelt an Basis-Know-how, Verständnis für Chancen und Grenzen der KI und am richtigen, verantwortungsbewussten Umgang mit den neuen Möglichkeiten. Mit KI kann (und muss) nicht mehr alles mit „Pflastern“ behandelt werden – hier braucht es eine systematische, nachhaltige „Therapie“ für Unternehmen, Prozesse und Menschen.

KI-Empowerment – Herausforderungen und Herangehensweise

Raimund macht klar: KI-Einführung gelingt nicht mit der Bereitstellung von Tools und einer einmaligen Schulung. Erstens müssen die technischen Voraussetzungen stimmen (echte, durchgängige Digitalisierung, saubere Daten etc.), zweitens müssen Mitarbeitende überhaupt verstehen, wie KI funktioniert, welche Arten es gibt, wie sie sich „KI-ready“ machen. Die Bedeutung von „KI-Kompetenzen“ wird deutlich: Neben dem reinen „Prompten“ und Anwenden beinhaltet dies auch analytisches Denken, Grundverständnis für Machine Learning, Bewertung von Ergebnissen und ethischen Aspekten. Führungskräfte müssen das Potenzial und die Auswirkungen auf das eigene Geschäftsfeld verstehen, um den Wandel anstoßen zu können.

KI-Empowerment bedeutet konkret:

  • Raum für Experimentieren und Neugier: Mitarbeitende zum Ausprobieren, Reflektieren und Entwickeln eigener Use Cases befähigen.

  • Teams- und Bereichssessions: Gemeinsam reflektieren – was kann KI wirklich für den eigenen Bereich verändern? Welche Aufgaben könnten übernommen werden? Wo liegen Sorgen und Potenziale? So entsteht Offenheit statt Angst – die Basiskompetenz steigt.

  • Change-Management als kontinuierlicher Prozess: Nicht Top-down. Austausch, Lernen und Anpassung als kollektives Ziel.

  • Unternehmensübergreifende Zusammenarbeit: Wissen und Erfahrungen auch außerhalb der eigenen Organisation teilen – die Geschwindigkeit und Komplexität der Entwicklungen verlangen „open collaboration“.

Rollenwandel, gesellschaftliche Implikationen und positive Vision

Im Gespräch wird deutlich: KI bedeutet Herausforderungen, aber bietet auch enorme Chancen. Unternehmen, die den Wandel gestalten, können durch gezielte Umschulung, Fokus auf digitale Kompetenzen und Mitnehmen der Mitarbeitenden einen zukunftsfähigen Pfad einschlagen – statt reaktiv Personal abzubauen. Die technosoziale Arbeitswelt ist Realität, die Koexistenz von Mensch und Maschine muss aktiv gestaltet werden, um nachhaltige Produktivität, Lebensqualität und Wertschöpfung zu ermöglichen.

Raimund gibt Beispiele aus der Praxis: Mitarbeitenden können KI-basiert entlastet werden (Prozessautomatisierung, Self Services, persönlicher Assistent für Routineaufgaben). Gleichzeitig wächst durch den Fachkräftemangel die Notwendigkeit, vorhandene Mitarbeitende gezielt weiterzuentwickeln, zu qualifizieren und dadurch Transformation nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu verstehen – für das Unternehmen und die Gesellschaft.

Ausklang und Blick in die Zukunft

Georg und Raimund blicken am Ende optimistisch in die Zukunft. Die Grundwerkzeuge für erfolgreiche Veränderung und Digitalisierung sind vorhanden – nun gilt es, sie mutig, verbindlich und systematisch zu nutzen. Das Bild der „Pflasterbox“ zieht sich als Mahnung durch das gesamte Gespräch: Pflaster helfen nur kurzfristig. Wer nachhaltige Erneuerung will, muss sich die Zeit und die Bereitschaft nehmen, an die Wurzeln zu gehen – zum Wohl von Unternehmen, Mitarbeitenden und Gesellschaft.

Fazit

Diese Episode bietet eine umfassende, tiefgehende Analyse der Herausforderungen moderner Digitalisierungs- und KI-Initiativen und entwickelt daraus konkrete Anforderungen an Organisationen und Menschen:

  • Digitalisierung und Kulturwandel sind untrennbar verbunden.

  • Projekte enden nicht mit dem Rollout – nachhaltige Adoption braucht kontinuierliche Begleitung.

  • Technologie ist kein „Pflaster“ für Kulturdefizite – es braucht Therapie, Reflexion und Entwicklung.

  • KI-Einführung verlangt ein Umdenken in Technologie, Kompetenzen und Haltung.

  • Führung, HR und IT arbeiten als gleichwertige Partner für eine Digital Employee Experience zusammen.

  • Experimentierfreude, Feedback, iterative Entwicklung und Changeability sind die neuen Kernkompetenzen.

  • Unternehmen, die den Wandel strategisch und menschenzentriert angehen, können Potenziale heben, Zukunft sichern und die Arbeitswelt positiv gestalten.

Schlusswort

Mit großer Expertise, Praxisbezug und Leidenschaft gewähren Raimund Bernhardt-Meisl und Georg Wolfgang tiefe Einblicke in die DNA einer erfolgreichen Digital Employee Experience. Die Zuhörer bekommen inspirierende Impulse, pragmatische Orientierung und den Weckruf, Digitalisierung als ganzheitlichen, lebendigen und vor allem menschenzentrierten Prozess zu sehen. Die Arbeitswelt von morgen entsteht aus der Symbiose von Technik, Kultur und individuellem Wachstum – dieser Podcast liefert die Landkarte dazu.

Alle Links zu Raimund Bernhardt-Meisl:

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/raimund-bernhardt-meisl-9260b4138/

Unternehmen: https://www.bechtle.com