Über Sara Auth
Sara ist mit Leidenschaft Personalerin, Pferde-Mensch-Begleiterin und Yoga-Lehrerin. Schon im Kindesalter hat sie sich mit den Werten Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit und Mitgefühl auseinandergesetzt sowie Wege gesucht und gefunden, diese Werten zu leben und in den Alltag zu integrieren. Zuletzt folgte eine Ausbildung in Gewaltfreier Kommunikation (GFK) nach Marshall B. Rosenberg. Diese Ausbildung hat Sara inspiriert, die Arbeitswelt neu zu betrachten und mit Hilfe der Haltung und Methoden der GFK die Zusammenarbeit, Konfliktlösung und das eigene Wirken im beruflichen Kontext friedvoller zu gestalten.
Über die Episode
In dieser Folge steht der Ansatz der gewaltfreien Kommunikation (GFK) im Mittelpunkt. Die Gesprächspartnerin ist Sara Auth, HR-Generalistin, die viele spannende Stationen in ihrer beruflichen Laufbahn durchlaufen hat und heute sehr für GFK brennt. Beide nehmen sich in dieser Episode viel Zeit, um sowohl die Theorie als auch die Praxis und persönliche Erfahrungen mit gewaltfreier Kommunikation detailliert zu besprechen. Die Folge ist geprägt von persönlichen Einsichten, Anekdoten und einem offenen, empathischen Dialog.
Sara schildert eingangs ihren persönlichen und beruflichen Hintergrund: Aufgewachsen auf dem Land bei Fulda, geprägt durch das Leben nah an der Natur, insbesondere durch den Kontakt zu Tieren und vor allem zu ihren Pferden, die sie seit 21 Jahren besitzt. Diese Erfahrung, betont Sara, habe sie entscheidend in ihren Werten und ihrer Persönlichkeit beeinflusst. Ihr beruflicher Weg begann mit einem Studium der Wirtschaftsinformatik, gefolgt von einer Werkstudententätigkeit im Recruiting. Es folgten ein Master in internationaler Volkswirtschaftslehre und sechs Jahre Tätigkeit im HR-Umfeld mit Fokus auf Recruiting, später als Generalistin. Besonders schätzt sie an der neuen Rolle den vertieften Kontakt und die langfristige Begleitung der KollegInnen.
Erster Kontakt mit gewaltfreier Kommunikation
Nach der persönlichen Vorstellung erläutert Sara, wie sie zur gewaltfreien Kommunikation kam. Ihr Einstieg war kein Geistesblitz, sondern vielmehr ein längerer Prozess. Sie hatte schon „immer mal was davon gehört“, einen wirklichen Impuls gab es aber erst, als sie sich selbst ein Stück weit verloren fühlte – ein Gefühl, das viele nach dem Schritt vom Studium ins Arbeitsleben nachvollziehen können. Sara suchte daraufhin nach Methoden, um wieder näher zu sich selbst zu kommen. Ihre Reise führte sie über Buddhismus und Yoga zur GFK, angestoßen auch durch einen Schicksalsschlag und die damit verbundenen Themen Loslassen und Vergebung. Eine Schlüsselfrage wurde dabei, wie sie mit ihren Pferden umgeht: „Ist das, wie ich handle, wirklich gewaltfrei?“ Die Reflexion des eigenen Handelns übertrug sie auch auf den Umgang mit Menschen.
Ein entscheidender Schritt war schließlich die Anmeldung zu einem mehrmonatigen GFK-Kurs, den sie zunächst skeptisch begann. Ihr Anspruch: Eine Methodik oder Haltung muss universell anwendbar sein, unabhängig von Kontext, Person oder Kultur – diese Prüfung legte sie auch an die GFK an.
Was ist gewaltfreie Kommunikation?
Auf die zentrale Frage „Was ist gewaltfreie Kommunikation?“ antwortet Sara Auth, es gehe um mehr als Formulierungen oder Sprachregeln – GFK sei in erster Linie ein Methodenkoffer, um Empathie zu entwickeln, Wertschätzung auszudrücken und echte Verbindung, sowohl zu sich selbst als auch zu anderen, aufzubauen. Sie betont, dass Selbstempathie die Basis dieses Ansatzes ist. Die Methode ist besonders in Konfliktsituationen hilfreich und unterstützt darin, das Bedürfnis hinter dem offensichtlichen Verhalten – bei sich selbst und beim Gegenüber – zu erkennen.
Sara stellt die vier Kernschritte der GFK heraus:
- Beobachten statt Bewerten:
Man lernt, eine Situation neutral zu beobachten, ohne sie sofort zu interpretieren oder emotional einzufärben. Typische Alltagsbeispiele zeigen, wie schnell Bewertungen in eine ansonsten nüchterne Beobachtung rutschen. Diese Fähigkeit zu schulen, fällt vielen Menschen schwer und braucht bewusste Übung, wie Sara anhand von Trainingsaufgaben in ihrer Ausbildung anschaulich macht. - Fühlen statt Denken:
Nach der Beobachtung geht es darum, die eigenen Gefühle zu benennen, ohne sofort zu interpretieren oder zu analysieren. Viele Menschen, das betont auch Gastgeber Georg, haben enorme Schwierigkeiten, überhaupt differenziert Gefühle zu benennen. Übungen mit „Gefühls-Kärtchen“ halfen Sara, eine breitere Skala an Emotionen wahrzunehmen. - Bedürfnisse erkennen:
Jedes Gefühl verweist auf ein zugrunde liegendes Bedürfnis. Diese zu identifizieren, ist zentral – unabhängig von persönlichen, kulturellen oder situativen Unterschieden. Sara nennt exemplarisch Bedürfnisse wie Sicherheit, Struktur, Verbundenheit, Selbstbestimmung, Wertschätzung und Inspiration, die bei allen Menschen vorhanden sind, aber in unterschiedlichem Maß erfüllt sind. - Bitte statt Forderung:
Am Ende steht eine Bitte – an sich selbst oder das Gegenüber. Entscheidend ist, dass es eben keine Forderung ist; das Gegenüber kann sie erfüllen, muss es aber nicht. Hierbei ist Selbstverantwortung gefragt: Auch im Unternehmenskontext kann ich nicht von anderen erwarten, alle meine Bedürfnisse zu erfüllen, sondern muss (und darf) für mich sorgen.
Missverständnisse und Stolpersteine rund um GFK
Im Gespräch wird kritisch beleuchtet, dass der Begriff „gewaltfreie Kommunikation“ oft missverstanden wird. Viele Menschen assoziieren physische Gewalt, dabei ist die zugrundeliegende Idee viel umfassender und schließt jede Form subtiler Gewalt (auch in Sprache und Haltung) ein. Alternativ werden Begriffe wie „friedvolle Kommunikation“ diskutiert, mit denen mehr Menschen in Resonanz gehen. Gleichzeitig – so die Erfahrung von Georg – schreckt die Softness dieser Begriffe manche Führungskräfte ab, da sie sie als „nice to have“ und nicht businessrelevant einstufen. Auch hier klärt das Gespräch klug auf: GFK ist keine Frage von Weichheit oder Härte, sondern von Respekt, Klarheit und Professionalität.
Bedürfnisse im Unternehmenskontext und Eigenverantwortung
Das Gespräch dreht sich intensiv um die Bedeutung von Bedürfnissen – insbesondere im Arbeitskontext. Beispielhaft schildert Georg die Dynamiken bei Umstrukturierungen und wie sich unausgesprochene Bedürfnisse wie Zugehörigkeit, Anerkennung oder Sicherheit auf Verhalten und Widerstand auswirken. Sara betont, dass Unternehmen nie alle Bedürfnisse aller Mitarbeitenden erfüllen können – und auch nicht müssen! Entscheidend sei vielmehr, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten Bedingungen zu schaffen (z.B. durch Transparenz oder Feedbackkultur), die zentrale Bedürfnisse adressieren. Gleichzeitig hebt sie immer wieder die Eigenverantwortung hervor: Wer merkt, dass essentielle Bedürfnisse dauerhaft nicht erfüllt werden, sollte auch die Courage haben, Konsequenzen zu ziehen – im Unternehmen genauso wie in privaten Beziehungen.
Sehr eindrücklich erläutert Sara, dass ein Bedürfnis nie nur von einer einzigen Person oder Instanz erfüllt werden muss. Diversität der Strategien ist hilfreich – z.B. kann Verbundenheit auf ganz verschiedenen Wegen (Familie, Freunde, Tiere, bestimmte Tätigkeiten) gestillt werden. Diese Vielschichtigkeit und Selbstfürsorge ist in ihrer HR-Rolle ein persönliches Anliegen.
Die Rolle der Führungskraft – zwischen Klarheit und Empathie
Ein weiterer Schwerpunkt ist das Gespräch darüber, was professionelle Kommunikation ausmacht. Eine alte Vorstellung, nach der Professionalität bedeutet, Gefühle und Bedürfnisse „abzustreifen“ und als reiner Funktionsträger aufzutreten, wird klar zurückgewiesen. Die beiden argumentieren, dass erfolgreiche Führung bedeutet, sowohl die Sache als auch den Menschen zu sehen. Es geht darum, die Trennung zwischen inhaltlicher Auseinandersetzung (Verhandlung, Klarheit, Durchsetzung) und menschlichem Kontakt (Wertschätzung, Einfühlung, Bedürfnisorientierung) bewusst zu gestalten.
Anhand praktischer Beispiele (Feedbackgespräche, Umsetzung von Anweisungen, Kündigungsgespräche) wird aufgezeigt, wie einfühlsame Führung funktioniert – nicht indem unangenehme Wahrheiten ausgespart, sondern indem sie „auf Augenhöhe“ kommuniziert werden. Gerade in schwierigen Gesprächen können Klarheit, Beobachtung und Benennung der Bedürfnisse des Gegenübers zu mehr Verständnis und Akzeptanz führen, auch wenn das Ergebnis für das Gegenüber nicht wunschgemäß ausfällt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das richtige Framing von Bitten und Anweisungen. Viele Menschen – so Georg – formulieren Anweisungen als Bitten, was beim Gegenüber die Erwartung einer freien Wahl weckt. Ist dem nicht so, ist Klarheit und Ehrlichkeit gefragt: Nicht „könntest du bitte…“, wenn es keine Bitte ist, sondern eine transparente Anweisung unter klaren Rahmenbedingungen.
GFK als Haltung, nicht bloß Technik
Immer wieder machen Sara und Georg deutlich: GFK ist mehr als eine Abfolge von Schritten, sondern eine Grundhaltung. Es geht um den echten Willen, sich selbst und andere wahrzunehmen, sich einzufühlen und Verantwortung für die eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Handlungen zu übernehmen. Das verlangt Übung, Reflexion und auch Mut, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Gerade in der heutigen Arbeitswelt, so sind sich beide einig, ist das die Basis für gesunde Produktivität, Loyalität und ein respektvolles Miteinander.
Umgang mit Herausforderungen und Grenzen der GFK
Ein wiederkehrendes Thema ist die Balance zwischen Selbstfürsorge (z.B. Grenzziehung, wahrnehmen eigener Bedürfnisse nach Ruhe) und Verantwortung (gegenüber Kolleg:innen, Arbeitgeber, Familie). Gerade wer Verantwortung trägt, tut sich oft schwer, Grenzen zu setzen. Sara schildert ehrlich, wie sie selbst in stressigen Phasen Dinge wie Yoga oder Meditation vernachlässigt – nicht, weil ihr die Zeit fehlt, sondern weil sie instinktiv weiß, dass ihr die emotionale Auseinandersetzung in diesen Momenten zu viel wäre. Auch das ist Selbstschutz – und wiederum Teil des GFK-Ansatzes: zu erkennen, was man gerade braucht (und was nicht).
Es wird auch thematisiert, wie verschiedene Generationen anders mit Bedürfnissen und deren Kommunikation umgehen. Jüngere Arbeitnehmer:innen haben weniger Hemmungen, Bedürfnisse zu benennen, während Ältere oft „krank werden“, wenn Bedürfnisse fortwährend ignoriert werden, ohne dass sie gelernt haben, sie offen anzusprechen. Beide Richtungen können voneinander lernen – und GFK kann den Dialog zwischen den Generationen erleichtern, statt ihn weiter zu spalten.
Von Bitten, Forderungen und schützender Macht
Zum Abschluss geht es um den Unterschied zwischen einer Bitte und einer (rechtmäßigen) Forderung, insbesondere im beruflichen Kontext. Es gibt Situationen – z.B. aus arbeitsrechtlichen oder sicherheitsrelevanten Gründen – in denen eine klare Anweisung notwendig ist. Hier ist die sogenannte „schützende Macht“ gefragt, etwa weil sie eine größere Gruppe schützt. Wichtig ist, dies sauber zu kommunizieren und zu reflektieren, welche Bedürfnisse und Ängste beim Gegenüber ausgelöst werden könnten, anstatt sich auf autoritäre Muster zu verlassen.
GFK im großen Kontext & Ausblick
Gegen Ende der Folge berichten beide von beeindruckenden Beispielen aus Kriegs- und Krisensituationen, in denen GFK als Mediationsansatz gewirkt hat. Die Fähigkeit, sich in die Geschichte der jeweils anderen zu versetzen und Gemeinsamkeiten zu erkennen, selbst in scheinbar unüberbrückbaren Konflikten, zeigt: Empathiefähigkeit steckt in jedem Menschen und kann, wenn aktiviert, Brücken bauen.
Ein schönes Schlussbild ist Georgs Vergleich mit einer „Verbindungsanzeige“: Würden wir menschliche Verbindung genauso achten wie unsere Mobilfunk- oder WLAN-Connection, wären wir menschlicher unterwegs. Beide sind sich einig: Alles, was wir brauchen, um empathisch, klar und wertschätzend zu kommunizieren, steckt bereits in uns. Es ist „nur“ eine Entscheidung und Übung, diesen Kontakt zu uns und anderen herzustellen und aufrechtzuerhalten.
Fazit
Dies ist eine kurzweilige, tiefgründige Episode voller praktischer Beispiele, Ehrlichkeit und Wärme. Die Hörenden erhalten einen intensiven Einblick in die Methode und Haltung der gewaltfreien Kommunikation und deren Bedeutung für das Fundament guter Zusammenarbeit – in jedem Team, jedem Unternehmen, jeder Beziehung. Die Kombination aus Saras Expertise, praktischen Beispielen und Georgs klugen Fragen macht die Episode zu einem inspirierenden Plädoyer für nachhaltige Kommunikation und mehr Menschlichkeit im Alltag. Ein Muss für alle, die wahrhaftig und gesund führen, begleiten oder sich selbst besser verstehen wollen.
Alle Links zu Sara Auth:
LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/sara-auth-0228524a/
Unternehmen: https://www.segulatechnologies.com