Über Ilona Indra und Julia Käser

Ilona Indra bringt beide Welten mit: Nach 23 Jahren auf Unternehmensseite – darunter Führungsrollen in Marketing, Vertrieb, Strategieprojekten und interner Kommunikation im Henkel-Konzern – berät sie bei FTI Consulting seit fünf Jahren als Change-Expertin aus der Praxis Organisationen im Wandel. Ihr Antrieb: den Return on Investment dort zu sichern, wo er entschieden wird – bei den Menschen, die Veränderung umsetzen. Dabei sieht sie Unternehmenskultur nicht als Hintergrundrauschen, sondern als entscheidenden Hebel für Veränderungen.

 

Julia Käser steht für die nächste Generation im Change Management. Seit sieben Jahren begleitet sie Transformationen in internationalen Unternehmen – aktuell verantwortet sie bei FTI Consulting ein strategisches Großprojekt zur Umsetzung einer konzernweiten Data- und AI-Strategie eines DAX40 Unternehmens. Ihr Fokus auf dem Projekt: den kulturellen Nährboden zu schaffen, damit Mindset, Zusammenarbeit und Führungsverhalten mit der technologischen Vision Schritt halten.

 

Über die Episode

Warum sprechen wir über „AI & Data Culture“?

Der CULTiTALK startet direkt mit einer der heißesten Fragen unserer Zeit: Was bedeutet der ganze Hype um KI (AI) und die datengetriebene Unternehmenskultur wirklich für Führungskräfte, Teams und unsere Organisationskultur? Georg führt ein und betont, dass AI und Data nicht nur technische Themen sind – es gehe vor allem um Menschen, Zusammenarbeit und nachhaltige Veränderungen.

Culturizer hat dazu sogar eine „AI Ready Journey“ gelauncht, die Führungskräfte dazu befähigen soll, ihre Teams durch die Grundlagen und erste Schritte in Richtung KI zu führen.

Dass es Expert:innen wie Julia und Ilona braucht, um Unternehmen ganzheitlich auf dem Weg mitzunehmen – von rechtlichen Rahmenbedingungen über Geschäftsmodell-Weiterentwicklung bis hin zu kultureller Begleitung – bildet das inhaltliche Fundament dieser Folge.

Über FTI Consulting, die Gäste & ihre Motivation

Ilona Indra bringt 23 Jahre Erfahrung auf Unternehmensseite (Marketing, Vertrieb, Strategie) mit und ist seit 5 Jahren in der Beratung. Ihr Antrieb: Sie hat häufig erlebt, wie Menschen in Veränderungsprozessen zu wenig mitgenommen werden und will Organisationen helfen, Wandel lebendig zu machen – jenseits von bloßen Strategiepapieren.

Julia Käser berät v.a. internationale Unternehmen bei großen Transformationen, immer mit Fokus auf die Mitarbeitendeneinbindung und darauf, was Führungskräfte heute brauchen. Besonders beschäftigt sie sich aktuell mit Daten- und KI-Kultur in Unternehmen: Wie setzt man Strategien, wie nimmt man die Menschen mit?

FTI Consulting ist eine weltweit tätige Unternehmensberatung mit 7.500 Expert:innen, die Unternehmen in Krisen und Transformationen begleiten – einschließlich technologischer, betriebswirtschaftlicher, finanzieller, politischer und kommunikativer Herausforderungen. Der Bereich „People & Transformation“ steht genau dafür, Menschen dazu zu bringen, Dinge neu zu denken und zu tun.

Projekte scheitern ohne Kultur – Warum technischer Fokus nicht reicht

Ein zentrales Thema zieht sich durch die ganze Folge: Viele Unternehmen begehen den Fehler, bei Digitalisierungs- und KI-Projekten vorrangig Technik und Architektur zu priorisieren – Kommunikation und Change Management werden meistens sekundär (oder viel zu spät) behandelt.

Julia teilt ein Praxisbeispiel: Ein Unternehmen konzentrierte sich zuerst technisch auf eine neue AI-Plattform; Monate später wurde festgestellt, dass der Erfolg ausbleibt, weil die Menschen weder mitgenommen noch befähigt wurden. Das Resultat: Widerstände, Verzögerungen, verlorene Synergien.

Georg beschreibt zwei Arten von Change:

  • Ganzheitlichen Change, bei dem jede Projektleitung das Thema Kultur und Change integriert betrachtet
  • Feuerwehr-Change, bei dem erst eingegriffen wird, wenn es knirscht.

Nach wie vor werde oft unterschätzt, wie schwierig echte Verhaltensänderungen sind. Das Ziel sollte sein, Kultur und Change von Anfang an zu verankern, statt sie als „Zusatzbaustein“ dranzuhängen.

Wo steht die Organisation? Warum scheitern viele am menschlichen Faktor?

Ilona beobachtet, dass Unternehmen häufig glauben, neue Prozesse oder Arbeitsanweisungen würden reichen, um „Verhalten“ zu verändern. Die Realität: Hinter jeder Veränderung stehen individuelle Ängste, Unsicherheiten und eine emotionale Seite, besonders bei Disruptionen durch KI.

Sie empfiehlt Unternehmen, sich zwei Fragen zu stellen:

  1. Wie viel Prozent des Projekterfolgs hängt davon ab, dass Menschen ihr Verhalten ändern? (Meist mind. 75 %!)
  2. Wie viel Prozent des Budgets/Manpower wird für diese Aufgabe tatsächlich eingeplant? (Fast immer viel zu wenig.)

Budget, Zeit und mangelnde Changekompetenz sind die typischen Ausflüchte – dabei ist Verhaltensveränderung „Handwerk“ und braucht genauso Systematik, Konsequenz und professionelle Unterstützung wie jede technische Neuerung.

Ängste, Unsicherheiten & individuelle Perspektiven

Im Kontext AI ist die emotionale Barriere laut Julia besonders hoch: KI wird oft als Blackbox wahrgenommen und kann massiv verunsichern. Die Erfolgskriterien für AI-Einführung liegen daher darin, Top-Down UND Bottom-Up möglichst viele mitzunehmen – zum Beispiel durch verschiedene Tools, Formate und Kommunikationsmaßnahmen.

Ilona ergänzt: Jedes Unternehmen besteht aus Individuen mit unterschiedlichen Filtern und Bedürfnissen. Aus ihrer Erfahrung hilft es, Mitarbeiter:innen-Typen in Personas einzuteilen und gezielte Interventionen zu gestalten, die Menschen auf ihre Weise abholen. Zu oft wird starr „von oben“ geplant – statt die Nutzerperspektive einzunehmen: Was braucht „der Fisch“ und nicht „der Angler“?

Georg hebt deutlich hervor: Führungskräfte dürfen nicht entscheiden, OB sie den Wandel begleiten, sondern nur, WIE sie das tun – alles andere ist keine Frage der Freiwilligkeit, sondern zentraler Jobbestandteil.

Überforderung der Führungskräfte – und wie man sie trotzdem in Bewegung bringt

Julia berichtet, dass gerade Führungskräfte heute von so vielen Aufgaben und Krisen gleichzeitig belastet werden, dass sie oft „im Overload“ sind und es schwerfällt, zu priorisieren – da ist KI nur einer von vielen Change-Faktoren.

Wichtig aus ihrer Sicht: Führungskräfte brauchen ein klares Bild („Vision“), was KI für ihr Team und ihre Prozesse konkret bedeutet – wie es Nutzen stiftet, wie man Verbesserungen und Innovationen daraus ziehen kann. Dabei helfen Instrumente, Tools und praktische Begleitung.

Georg mahnt, dass kritische Einstellung gegenüber Führungskräften zwar nötig, aber differenziert zu sehen ist: Viele wurden als Fachexpert:innen befördert, Karrierepfade als Alternative zur Führung fehlen oft – trotzdem muss die Rolle der Veränderungsbegleitung konsequent eingefordert werden.

Unternehmenskultur – Systemischer Kontext statt individueller Veränderung

Ilona erläutert ein differenziertes Eisbergmodell der Kultur:

  • Sichtbare, kollektive Ebene (Werte, Strukturen, Policies, Incentives usw.)
  • Unsichtbare, kollektive Ebene („Wie läuft’s hier WIRKLICH?“ – informelle Regeln, Belohnungssysteme etc.)
  • Sichtbare, individuelle Ebene (Verhaltensmuster, Zugehörigkeit, sichtbares Anpassungsverhalten)
  • Unsichtbare, individuelle Ebene (persönliche Werte, individuelle Trigger)

Systemische Faktoren bestimmen maßgeblich, was möglich ist: Warum führen „Manfreds“ (Persona) nicht konsequent Change durch? Weil das System (z.B. Incentivierung nur über Zahlen, nicht über Teamführung) es nicht unterstützt.

Kulturveränderung muss daher parallel auf den Ebenen Strukturen/Prozesse UND individuellem Mindset greifen. Nur so kann beispielsweise eine Data- oder AI-Culture entstehen – der Kontext muss Verhalten ermöglichen und erwünschtes Handeln sichtbar belohnen.

AI, Daten & Mindset – Was sind die Anforderungen an eine AI Culture?

Julia räumt ein, dass vieles, was Unternehmen im Bereich KI heute tun (z.B. „AI Literacy Trainings“), noch reicht, solange es um erste Tools und Oberflächen wie ChatGPT geht. Doch mit der exponentiellen Entwicklung wird es tiefer gehen: KI verändert Aufgaben, Rollen, Prozessabläufe grundlegend!

Das bedeutet:

  • Neben Training wird die Übertragung ins Tagesgeschäft (Transfer!) entscheidend
  • Wenn Vertrauen fehlt (z.B. Angst vor Überwachung/Datennutzung), werden Tools sabotiert und bleiben Totgeburten
  • Kulturthemen wie Wachstumsmindset, innovative Fehlerkultur, Lernbereitschaft sind zwingender denn je

Die eigentliche Herausforderung: Mitarbeiter:innen müssen beständig auf die Veränderung vorbereitet werden, sich kontinuierlich anpassen und selbst lernen, wie sie KI für sich nutzen können, anstatt immer auf neue Trainings zu warten.

KI als Gefahr? Kompetenz, Selbstüberschätzung und die Rolle des Kontextes

Georg und Ilona diskutieren, dass KI zu einer unbewussten Selbstüberschätzung führen kann: Wer wenig versteht, glaubt durch plausible Antworten oft, mehr zu wissen als tatsächlich der Fall ist. Das birgt großes Risikopotenzial, sowohl in der Qualität der Arbeit als auch im gesellschaftlichen Kontext.

Ilona argumentiert, dass dafür eine neue Lernkultur und Kompetenzvermittlung nötig sind: Reflexion, kritisches Denken, gemeinsames Lernen. Prompten ist meist eine einsame Tätigkeit – wirkliche Innovation entsteht aber durch Kollaboration, Perspektivwechsel und Experimentieren im Team.

Sie gibt auch zu bedenken, dass wir über KI langfristig gesellschaftliche Kompetenzen (z.B. Erfahrung, Abstraktion, Bewertung von Outputs) verlieren könnten, wenn keine reale Erfahrungsperspektive („vom Junior zum Senior“) nachwächst.

Chancen & Risiken für Karrierewege, Recruiting und Wissenserwerb

Julia gibt zu bedenken, dass klassische Junior-Stellen (z.B. Praktikanten, Juniors in Data Science/Informatik) zunehmend durch KI substituiert werden. Doch: Wie erwerben Talente dann die nötige Erfahrung, um künftig sinnvolle Bewertungen von Outputs machen zu können?

Unternehmen stehen vor dem Dilemma, wie sie „Skill-Building“, Karrieren und Kompetenzentwicklung neu denken und gestalten können, während gleichzeitig Technologie vieles übernimmt.

Gleichzeitig entstehen neue Chancen: KI kann helfen, Menschen mit den besten Skills auf die passenden Positionen zu bringen – eine riesige Möglichkeit für HR und Recruiting, Kompetenzen sichtbar zu machen und sinnvoll einzusetzen.

Lösungen & positive Vision: Experimentieren, um die Zukunft zu gestalten

Das Gespräch schließt mit einer positiven Note: Es geht nicht darum, stehen zu bleiben oder alles „richtig“ zu machen. Entscheidend ist, in Bewegung zu bleiben, die Zukunft aktiv zu gestalten und eine Sandbox-Kultur zu etablieren, in der Teams gemeinsam mit KI experimentieren, voneinander lernen und die eigenen Prozesse hinterfragen dürfen.

Wichtige Elemente sind:

  • Gemeinsames, nicht einsames Lernen (z.B. gemeinsames Prompten)
  • Schaffung von Räumen für Austausch, Erfahrung und Feedback
  • Kontinuierliche Reflexion: Was bringt wirklichen Mehrwert, wie bleibt man am Ball?

Das Ziel: Kein Unternehmen kann heute schon wissen, wie die perfekte AI & Data Culture aussieht – aber jeder Schritt nach vorne, jedes Experiment und jede gemeinsame Lernerfahrung bringen die Organisation näher an echte Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft.

Fazit & Inspiration

Die Folge liefert viele Denkanstöße: KI- und Datenkultur ist viel mehr als Technologie – sie ist eine Frage von Haltung, konkretem Handwerk, systemischer Steuerung und mutigem gemeinsamen Ausprobieren.

Wer Führung, Kultur und Change als reine Begleitbaustellen betrachtet, bleibt stehen. Wer sie als echten Motor für nachhaltigen Wandel und Innovation versteht, wird KI und Daten im Unternehmen wirklich nutzbar machen – für Menschen, Teams und Organisation gleichermaßen.

Besonders inspirierende Momente:

  • Julias Experiment mit KI-Auswertungen über CEOs und die Halluzinationen der Maschinen
  • Ilonas Erfahrung, wie ChatGPT sie nach eigenem Nutzerverhalten charakterisieren konnte
  • Georgs Deep Talk-KI-Prompt, der im geführten Dialog zu tiefen, fast philosophischen Reflektionen führte

Alle Links zu Julia Käser:

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/julia-k%C3%A4ser-872557131/

Unternehmen: http://www.fticonsulting.com

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